Suttnerpreis 2007

 
Sprach- und Klangkollage - REFLEKTIONEN IV

Sprach- und Klangkollage von Mathias Wittekopf

Reflektionen IV über Gertrude Steins Text Reflections on the Atom Bomb (1946)

Sprach- und Klangkollage von Mathias Wittekopf

Der Autor lebt und arbeitet als freiberuflicher Komponist und Sounddesigner in Bochum, ist Mitglied in der 'Gesellschaft für Neue Musik Ruhr' und Gründungsmitglied des Vereins 'Musik und Programm'.

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Kurzbeschreibung | Introduction

Gertrude Steins Reflektionen über die Atombombe entstanden wenige Wochen vor ihrem Tod und mögen denen, die hierzulande gegen Pershing und Co. demonstriert haben, als Provokation erscheinen - vielleicht abzutun als Gedanken einer Frau, die wusste, dass sie eh nicht mehr lange zu leben hatte. Jedoch entpuppt sich das auf den ersten Blick scheinbar fehlende Engagement Iım not interested beim weiteren Nachdenken als tiefsinnige Kritik, und ihren Schluss, dass es viel mehr Sinn macht, sich mit den Lebenden zu beschäftigen statt mit immer effizienteren Methoden diese umzubringen, will ich gerne unterschreiben. Daher steht dieser Satz auch am Ende meiner Reflektionen.

Gertrude Steins Sätze bilden eine Schicht meiner Komposition ­ von mir selbst eingesprochen, klanglich 'distanziert' und eingeschärft, lediglich der Schlusssatz bringt aus den eben erwähnten Gründen meine 'Original'-Stimmfarbe.
Repetitionen und Schleifenbildung sind ein wichtiges Element der Gestaltung, sie sind motiviert aus dem Text - allein dreizehnmal erscheint eine Ableitung des Wortes interest - und haben immer auch einen inhaltlichen Bezug, als Beispiel möge die Loop so you see the atomic bomb dienen, die hypnotisierend zwischen links und rechts pendelt. Überdies hat Gertrude Stein selbst auch in anderen Texten gern mit Schleifen gespielt, wie ihr berühmter Satz a rose is a rose is a rose is a rose zeigt.
 

They asked me what I thought of the atomic bomb. I said I had not been able to take any interest in it.

I like to read detective and mystery stories. I never get enough of them, but whenever one of them is or was about death rays and atomic bombs I never could read them.

What is the use - if they are really as destructive as all that, there is nothing left, and if there is nothing there, nobody to be interested and nothing to be interested about.

If they are not as destructive as all that then they are just a little more or less destructive than other things, and that means that in spite of all destruction there are always lots left on this earth to be interested or to be willing - and the thing that destroys is just one of the things that concerns the people inventing it or the people starting it off, but really nobody else can do anything about it - so you have to just live along like always; so you see the atomic bomb is not at all interesting, not any more interesting than any other machine, and machines are only interesting in being invented or in what they do - so why be interested?

I never could take any interest in the atomic bomb, I just couldn't any more than in everybody's secret weapon. That it has to be secret makes it dull and meaningless. Sure it will destroy a lot and kill a lot, but it's the living that are interesting, not the way of killing them, because if there were not a lot left living ­ how could there be any interest in destruction?

Alright, that is the way I feel about it. They think they are interested about the atomic bomb, but they really are not any more than I am. Really not. They may be a little scared, I am not so scared ­ there is so much to be scared of ­ so what is the use of bothering to be scared, and if you are not scared the atomic bomb is not interesting. Everybody gets so much information all day long that they lose their common sense. They listen so much that they forget to be natural.

This is a nice story.


Eine zweite Schicht beschäftigt sich klanglich mit dem Sujet des Textes der Bombe. Am Anfang ist eine Atombombenexplosion im Original zu hören, zwischendurch auch mehrfach als fernes Grollen; aus einem einzelnen Impuls, der aus dem Explosionsgeräusch herausgeschnitten wurde, entwickelt sich über eine Rückkopplungsschaltung mit resonierenden Filtern eine Art musikalische (kontrollierte) Kettenreaktion aus elementaren Sinustönen, deren im Verlauf zunehmende Dichte den Vorgang der Annäherung an die kritische Masse andeutet.

Zwei Zahlensysteme bilden eine dritte - abstrakte - Ebene der Komposition - in dem Job kommt man um Mathe nicht herum! : exponentiales Wachstum bezeichnet den Vorgang der nuklearen Kettenreaktion bei der Explosion einer Atombombe, und für das Wachstum organischen Lebens itıs the living that are interesting steht die Fibonacci-Reihe, hier verwendet als formaler und rhythmischer Generator.

Kenn-Nr.: MW-012 | Zur Abstimmung >>

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